Blindenschrift
- Das Augenlicht zu verlieren oder blind auf die Welt zu kommen: Nur die wenigsten Sehenden können nachvollziehen, was dies für die Betroffenen bedeutet. Dennoch gab es schon vor ein paar Jahrhunderten den Versuch, Blinden Bücher und andere Texte, wie zum Beispiel Briefe, zugänglich zu machen. Diese sogenannten Blindenschriften wurden von Sehenden entwickelt, die zwar mit gut gemeinten Vorsätzen ans Werk gingen, aber die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Blinden oft nicht verstanden oder verkannten. Die Augen wurden zu damaliger Zeit in der Regel durch den Tastsinn ersetzt, heutzutage werden Texte auch von Sprachprogrammen über den Computer vorgelesen, Spracherkennung ermöglicht es nun Blinden und Sehbehinderten, Texte und E-Mails per Diktat zu verfassen.
- Doch die üblichste aller Blindenschriften, die sich beispielsweise gegen das Moon-Alphabet von William Moon aus dem Jahre 1845 durchsetzte, ist die Braille-Schrift. Der Franzose Luis Braille, der mit vier Jahren erblindete, hatte sie bereits 1825 erfunden. Nachdem er sich ein Auge verletzt hatte, dieses sich entzündete und das andere Auge in Mitleidenschaft zog, verlor er das Augenlicht. Der junge Braille ließ sich jedoch durch seine Erblindung nicht entmutigen, sondern suchte nach einem Weg, Literatur wieder selbst zu lesen, statt darauf zu warten, dass ihm jemand vorlas. Ein blinder Schulkamerad berichtete ihm von einer Landkarte, bei der die Buchstaben geprägt und dadurch ganz leicht zu ertasten waren. Brailles Blindenlehrer ließ daraufhin mehrere Dokumente in einer ______ Schrift anfertigen.
- Braille experimentierte weiter. In der Werkstatt seines Vaters, eines Schusters, arbeitete er eine Weile an einem Entwurf mit Dreiecken und Vierecken, der ihn aber nicht zufrieden stellte. Schließlich lernte er mit elf Jahren einen Soldaten kennen, der ihn mit der Nachtschrift vertraut machte, einer militärischen Erfindung, die Soldaten im Feld die Möglichkeit geben sollte, Karten und ähnliches auch in völliger Dunkelheit entziffern zu können. Braille machte sich mit der komplizierten Schrift aus Zeichen und Zahlen vertraut, die auf Silben und Punkten aufbaute, und vereinfachte sie. Sechs Punkte ergeben 64 Kombinationsmöglichkeiten, um das Alphabet und Sonderzeichen darzustellen. Mit 16 Jahren hatte Braille ein funktionierendes System entwickelt, das heute Blinden weltweit dient.
- Die Erhebungen im Papier eröffneten ein einfaches und stimmiges System für Blinde, um eigenständig lesen und schreiben zu können. Braille hoffte, auch anderen Blinden damit helfen zu können. Als Beispiel übertrug er die Stücke des englischen Autors John Milton in die neue Schrift, schließlich war Milton ebenfalls blind. Bei einem Vortrag las er aus Miltons Werken vor, wurde aber nicht ernst genommen, sein Publikum glaubte, er habe die Passagen auswendig gelernt. Auch der um Hilfe ersuchte französische Innenminister zeigte wenig Interesse, das Projekt zu unterstützen.
- Braille ließ sich davon nicht entmutigen, auch nicht vom neuen Direktor der Blindenschule, der die Schrift sogar verbot. Erst 1950, nur zwei Jahre vor Brailles Tod, wurde die Braille-Schrift offiziell als Blindenschrift an den französischen Blindenschulen eingeführt, doch seitdem ist sie ein weltweiter Erfolg. Jeder Buchstabe wird aus drei Zeilen mit je zwei Punkten abgebildet. Das System bildet alle Buchstaben des Alphabets ab. Auch am Computer kommt die Braille-Schrift zum Einsatz. Dort können die Buchstaben ertastet werden. Da am Computer viel mehr Zeichen gebraucht werden, hat die Braille-Tastatur vier Buchstaben-Reihen statt der üblichen drei.
- Auf diese Weise können Blinde und Sehbehinderte fast völlig uneingeschränkt mit dem Computer arbeiten. Auch blinde Musiker sind dank Braille nicht mehr eingeschränkt, denn Louis Braille, selbst begeisterter Orgelspieler, entwickelte 1828 auch eine Notenschrift. Dank seiner Innovation können Blinde heute ganz selbstverständlich als Berufsmusiker arbeiten. Die Notenschrift ist inzwischen international ________. Die Punktschrift hat Sehbehinderten und Blinden viel Eigenständigkeit wiedergegeben. Sie können zwar nicht alle Berufe ausüben, aber immerhin fast alle.
- Viele literarische Werke wurden in Braille übertragen, die erste Bibliothek für Blinde in Deutschland eröffnete in Leipzig 1894. Auch andere Städte bieten Ausleihe und Fernleihe von Büchern in Braille an. Sie sind dicker als die üblichen Druckerzeugnisse, weil das Papier dicker sein muss. Wer aber glaubt, die Seiten seien nur auf einer Seite „beschrieben“ erliegt einem Irrtum. Sie werden beidseitig geprägt, weil die Finger nur die Erhöhungen ertasten können. Durch eine leicht versetzte Drucklegung können so beide Seiten eines Blattes genutzt werden.
0 Aufgabe in Bezug auf den gesamten Text:
Welche Überschrift passt zum ganzen Text
- Chancenerweiterung für Blinde
- Ein beeindruckendes System für Taubstumme
- Interessante Texte für Blinde
- Vom Blinden zum Sehenden
1 Welcher Begriff passt zum ersten Abschnitt?
- Textentwicklung
- Blindenwerkstatt
- Hilfsmaßnahmen
- Sprechbedürfnis
- Computerprogramm
2 Welche Aussage ist laut erstem Abschnitt richtig?
- Die ersten von Blinden entwickelten Blindenschriften hatten einige Mängel.
- Schon vor vielen Jahren wurde nach Mitteln und Wegen gesucht, Sehbehinderten den Zugang zu geschriebenen Texten zu ermöglichen.
- Weil Blinde schlechter fühlen können als Sehende, wurde mussten sie früher mithilfe ihrer Augen Texte lesen.
- Im Gegensatz zu früher können Blinde heutzutage am Computerbildschirm Texte lesen.
3 Welches Wort fehlt im zweiten Abschnitt?
- diesen
- jenen
- selben
- solchen
- einzigen
4 Welche Aussage passt zum dritten Abschnitt?
- Sechs Punkte für das Militär
- Inspiration für ein neues System
- Kompliziertes Alphabet für Blinde
- Nähe zum nächtlichen Militär
5 Welche Aussage passt zum vierten Abschnitt?
- Der Innenminister schätzte die Idee
- Man hielt ihn für einen Betrüger
- Die geprägte Schrift war zu teuer
- John Milton nutzte die Schrift als Erster
6 Welche Aussage ist laut fünftem Abschnitt richtig?
- Obwohl die Braille-Schrift sehr lange nicht akzeptiert wurde, ist sie bis zum heutigen Tage ein voller Erfolg.
- Auch wenn man für die Blindenschrift mehr Zeichen braucht, benötigen heutige Computer mehr Tasten dafür als gewöhnliche Computer.
- Weil die Braille-Schrift lange verboten war, war sie sehr erfolgreich.
- Weil das System nur wenige Buchstaben darstellen konnte, war es lange Zeit nicht erfolgreich.
7 Welcher Begriff passt zum sechsten Abschnitt?
- Orgelschrift
- Entwicklungsmöglichkeiten
- Klanginnovation
- Sehhilfen
- Vollzeitjob
8 Welches Wort fehlt im sechsten Abschnitt?
- publiziert
- standardisiert
- stagniert
- regeneriert
- ignoriert
9 Was bedeutet die Aussage zu den „ „Druckerzeugnissen“ im siebten Abschnitt?
- Texte in Braille sind dicker als Zeugnisse von gewöhnlichen Druckern
- Durch das dickere Papier, das für die Brailleschrift benötigt wird sind Bücher in Blindenschrift im Verhältnis dicker als normale Bücher.
- Durch das Lesen der Brailleschrift werden Blinde oft unter Druck gesetzt.
- Obwohl die Bücher in Brailleschrift gedruckt werden, sind sie umfangreicher.
0 Punktschrift, eine prägende Idee
1 Mitteilungsbedürfnis
2 Blinde möchten Eigenständigkeit
3 Mitleidenschaft
4 Eine Bekanntschaft lieferte den entscheidenden Hinweis
5 Man hielt ihn für einen Betrüger
6 abermals
7 Braille konnte Musik nicht ausstehen
8 eigenständig
9 Etwas falsch annehmen
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